Den Wandel der Arbeitswelt solidarisch gestalten

Kämpferischer SPD-Unterbezirksparteitag mit Gastredner Michael Rudolph

„Die Arbeit von Morgen gestalten“ war das Leitthema bei dem kürzlich stattgefundenen Parteitag der SPD Wetterau. Mehr als hundert Delegierte konnte die Parteivorsitzende Lisa Gnadl begrüßen. In ihrer Eröffnungsrede mahnte Gnadl, dass sich die Welt und die Friedensordnung in Europa seit dem 24. Februar 2022 durch den brutalen Angriffskrieg der russischen Armee auf die Ukraine verändert hat. „Während wir hier zusammensitzen, sterben in der Ukraine Menschen, werden Menschen systematisch getötet, Kriegsverbrechen durch die russische Armee begangen, ganze Landstriche in Schutt und Asche gelegt, hungern Menschen oder sie sind auf der Flucht“, beklagt die Vorsitzende. Die Verantwortung trage Präsident Putin und seine Unterstützer, die ihren brutalen und rücksichtslosen Angriffskrieg im Osten des Landes weiter verschärfen. Jetzt gehe es primär um die Solidarität und Unterstützung der Ukraine.

Als Gastredner begrüßten die Genossinnen und Genossen den Vorsitzenden des Deutschen Gewerkschaftsbund Hessen-Thüringen Michael Rudolph. In seiner Rede machte er deutlich, dass in der „Arbeitswelt“ noch Einiges zu tun sei. Auch wenn die Anhebung des Mindestlohns auf zwölf Euro, für die die Gewerkschaften und die SPD lange gekämpft habe, der richtige Schritt sei, würden viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in prekären Verhältnissen arbeiten. Viele Arbeitgeber hätten sich aus der Tarifbindung verabschiedet. Es sei eines der wichtigsten Ziele, eine flächendeckende Tarifbindung sicherzustellen. „Gute Arbeits- und Einkommensbedingungen gibt es nur mit guten Tarifverträgen. Das hat auch die Corona-Krise noch einmal gezeigt“, machte Rudolph deutlich. „Wir brauchen starke Gewerkschaften, um unwillige Arbeitgeber in die Tarifbindung und zur Tariftreue zu zwingen.“ Dazu sei auch eine Flankierung durch den Gesetzgeber nötig. Die Politik müsse mit gutem Beispiel vorangehen. Öffentliche Aufträge dürfen nur an Betriebe gehen, die nach Tarif bezahlen.

Obwohl es in Hessen ein Tariftreuegesetz gäbe, zeige es doch deutliche Mängel. „Die Einhaltung der Vergabebestimmungen wird faktisch nicht kontrolliert. Aber ohne entsprechende Kontrollen laufen die Bestimmungen von Tariftreue- und Vergabegesetzen ins Leere“, kritisierte Michael Rudolph. In Zukunft müsse gelten, dass öffentliche Aufträge ausschließlich an Betriebe gehen, die Tariflöhne zahlen. Lohndumping mit Steuergeldern könne nicht hingenommen werden. Und dabei könne man sich auch nicht mit Mindestlöhnen rausreden. Der Mindestlohn sei eine absolute Untergrenze für Löhne. Für den DGB und die SPD steht fest: „Für das Zahlen der Löhne sind die Arbeitgeber verantwortlich und die müssen mindestens armutsfest sein. Deshalb haben wir uns für die Anhebung des Mindestlohnes auf 12 Euro stark gemacht und wir sind auch stolz darauf, dass sie jetzt kommt. Das wird vielen Menschen unmittelbar mehr Geld in die Tasche bringen.“ 

Das unterstützte auch die Bundestagsabgeordnete Natalie Pawlik, die sich im Ausschuss für Arbeit und Soziales im Bundestag für die Stärkung von Weiterbildung und betrieblichen Mitbestimmung einsetzt. Sie brachte die Resolution der SPD Wetterau „Aus technischem Fortschritt muss sozialer Fortschritt werden“ für den Unterbezirksvorstand ein. „Ein starker Sozialstaat ist gerade in diesen schwierigen Zeiten von besonderer Bedeutung. Der Strukturwandel stellt viele Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor die Frage, ob ihr Arbeitsplatz auch in den nächsten Jahren noch vorhanden sein wird. Wir wollen sie mit diesen Sorgen nicht alleine lassen. Dabei setzen wir unter anderem auf Qualifizierung und Weiterbildung. Wir wollen mit einem Qualifizierungsgeld und Bildungszeit Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer darin unterstützen, sich während ihres Erwerbslebens weiterzubilden, um bestmöglich für die Zukunft vorbereitet zu sein. Auch die Unternehmen wollen wir darin unterstützen, dem Strukturwandel positiv zu begegnen und Arbeitsplätze in unserer Region zu halten.

Die Corona-Pandemie und der schreckliche Krieg in der Ukraine haben eine direkte Auswirkung auf den Geldbeutel vieler Menschen in Deutschland. Unsere Bundesregierung lässt niemanden mit diesen Ängsten und Problemen alleine. Deshalb haben wir neben der Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro pro Stunde auch zwei Entlastungspakete und den Sofortzuschlag für Kinder auf den Weg gebracht. Gerade jetzt kommt es auch darauf, den sozialen Zusammenhalt in unserer Gesellschaft zu wahren und die vielen Projekte aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen“, betonte Pawlik.

Die gleichberechtigungspolitische Sprecherin der Kreistagsfraktion Franziska Linhart betonte in ihrer Rede das geforderte Landesarbeitsprogramm „Frauen in Arbeit“, mit dem Frauen eine bessere Teilhabe am Erwerbsleben ermöglicht werden soll. „Frauen rocken das Land“ sei auch eine gute Umschreibung des weiterlaufenden Systems während der Pandemie. „Überwiegend Frauen arbeiten in den systemrelevanten Berufen einer Pflegerin, Erzieherin, Verkäuferin oder Pharmaassistentin. Die aktuelle Arbeitslast in den systemrelevanten Berufen ist erdrückend. Außerdem sind sie meist mit geringerem Einkommen, geringeren Aufstiegschancen und tieferen Altersrenten verbunden. Die Politik ist gefragt, hier aktiv zu werden und dafür zu sorgen, dass die Berufe, die uns durch die Krise gebracht haben auch weiterhin im Fokus stehen und besseren Lohn bekommen. Gleicher Lohn für gleiche Arbeit.“

Weitere Forderungen der Resolution sind unter anderen ein diskriminierungsfreier Zugang zum Arbeitsmarkt, Anspruch auf Integrations- und Beteiligungsangebote, eine Ausbildungsgarantie für junge Menschen unter 35 sowie einen Zukunftsfond zur Transformation des Industriestandortes.

Der Kreistagsabgeordnete und Vorsitzende der Wetterauer Jusos Lukas Dittrich betonte den großen Stellenwert der Ausbildungsgarantie. „Ständig wird man gefragt: Was hast du gelernt und was arbeitest du? Darauf soll zukünftig jede und jeder eine Antwort haben. Die Ausbildungsgarantie schafft Perspektiven für junge Menschen und echter Chancengleichheit. Gute Arbeit und gute Ausbildung gibt es dabei nicht zum Null-Tarif, deshalb streiten wir auch für eine Mindestausbildungsvergütung.“

Die Arbeitswelt untersteht stetigem Wandel unterstreicht die Parteivorsitzende Lisa Gnadl die große Bedeutung der Resolution: „Aktuell findet mit dem Klimawandel, der Digitalisierung und den Auswirkungen der Corona-Pandemie ein riesiger Strukturwandel statt, den wir als Gesellschaft bewältigen müssen. Gemeinsam mit dem DGB setzen wir uns dafür ein, dass wir in Zeiten des Wandels unserer Arbeitswelt soziale Sicherheit bewahren und die Klimaziele erreichen, um gute Arbeit zu erhalten, neue Möglichkeiten zu schaffen und soziale Kriterien beim Umbau zu nutzen.“ Die SPD Wetterau stehe im Schulterschluss mit den Gewerkschaften hinter den Beschäftigten, die um ihre Existenz bangen müssen.