Erklärung nach §31 GO BT
zum Abstimmungsverhalten am 07. April 2022 zum Tagesordnungspunkt 6 zur Abstimmung über die Beschlussempfehlungen und des Berichts des Ausschusses für Gesundheit (14. Ausschuss) zu mehreren Vorlagen zum Thema Impfpflicht
Drucksachen 20/516, 20/680, 20/899, 20/954, 20/978, 20/…
Grundsätzlich gilt: Impfen ist für mich der beste Weg aus der Pandemie. Impfen schützt vor schweren Krankheitsverläufen und senkt das Risiko von Long-Covid. Eine möglichst hohe Impfquote ist deshalb unverzichtbar – insbesondere bei Menschen mit Umgang mit vulnerablen Personengruppen. Daher ist die einrichtungsbezogene Impfpflicht besonders wichtig und richtig. Sie muss konsequent durchgesetzt werden.
Ich hätte Ende letzten Jahres und zu Beginn dieses Jahres einer allgemeinen Impfpflicht zugestimmt, weil die damals vorherrschende Delta-Variante damit effektiv hätte bekämpft und das Infektionsgeschehen deutlich abgemildert werden können.
Die beiden jetzt dominanten Omikron-Varianten haben die Situation dagegen signifikant verändert: Omikron verursacht in der Regel einen milderen Krankheitsverlauf, die Hospitalisierungsrate ist im Vergleich zu Delta signifikant gesunken. Auch vollständig geimpfte und sogar geboosterte Menschen können sich mit Omikron infizieren und zur Weiterverbreitung des Virus beitragen. Insbesondere die Fremdschutzwirkung einer allgemeinen Impfpflicht unter Omikron ist daher deutlich reduziert und rechtfertigt für mich nicht die damit verbundenen erheblichen Grundrechtseingriffe, wie dies noch unter der Delta-Variante der Fall gewesen wäre.
Zudem stehen der erhebliche finanzielle und organisatorische Aufwand für Umsetzung, Durchsetzung, Kontrolle und Sanktionierung einer allgemeinen Impflicht oder Beratungspflicht in keinem Verhältnis zur erwartbaren Schutzwirkung. Belastbare Prognosen über die weitere Entwicklung künftiger Virusvarianten und die Wirkung der vorhandenen Impfstoffe bei diesen Varianten sind derzeit nicht verlässlich. Ich werde der Einführung einer Impfpflicht für Personen ab 60 Jahren mit der Option zur Ausweitung auf 18- bis 59-Jährige im vorliegenden Gruppen-Gesetzentwurf daher nicht zustimmen. Auch eine „Impfpflicht auf Vorrat“, wie sie der Gesetzentwurf der CDU/CSU-Fraktion vorsieht, lehne ich ab.
Prinzipiell sind Infektionsgeschehen durch neue, hochansteckende Virusvarianten mit erneut schweren Krankheitsverläufen, hohen Hospitalisierungsraten und der damit verbundenen Gefährdung unseres Gesundheitssystems für die Zukunft aber nicht gänzlich auszuschließen, so dass die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht – auch im Verhältnis zu den damit verbundenen Grundrechtseinschränkungen – vertretbar ist. Daher kann ich auch den Anträgen der Abgeordneten Wolfang Kubicki und anderen sowie dem Antrag der AfD-Fraktion, die beide eine allgemeine Impfpflicht gegen SARS-CoV-2 grundsätzlich ausschließen, nicht zustimmen.
Ich rufe alle noch nicht Geimpften auf, dies jetzt freiwillig nachzuholen und setze mich dafür ein, die bereits geltende Impfpflicht in Einrichtungen wie Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen und Einrichtungen für Behinderte konsequent umzusetzen. Die Aufklärung über die Vorteile einer Impfung sowie der Kampf gegen Falschinformationen und Fake-News von Impfgegnern sollte zeitnah durch eine deutlich aufgewertete und adressatengerecht ausgerichtete Impfkampagne verstärkt werden.
Berlin, 07.04.2022
Bettina Müller, MdB