Wiederaufnahme der Kita-Betreuung unprofessionell

Die Wetterauer Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl und die Ranstädter Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel (beide SPD) auf einem Spielplatz neben einen Klettergerüst
Die Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl und die Ranstädter Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel (beide SPD) Bild: B. Hübschmann

Die Wetterauer Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl und die Ranstädter Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel (beide SPD) kritisieren die Politik der schwarz-grünen hessischen Landesregierung bei der Wiedereröffnung der Kindertagesstätten. Am morgigen Dienstag, den 2. Juni 2020 soll der sogenannte eingeschränkte Regelbetrieb der Kindertagesstätten für alle Kinder in den hessischen Städten und Gemeinden starten. Viele Eltern und die Oppositionsfraktionen haben die von der Landesregierung verabschiedete Regelung kritisiert.

„Was das Land uns in der letzten Woche in der Frage der Wiederaufnahme der Kita-Betreuung dargeboten hat, war nicht nur unergiebig, sondern schlichtweg unprofessionell. In normalen Zeiten bekommen wir Auflagen ohne Ende gemacht, jedes kleine Detail wird geregelt. Jetzt in Zeiten der Krise sollen wir selbst sehen, wie wir das gestemmt bekommen. Die Landesregierung überlässt uns in den Städten und Gemeinden die Aufgabe, die schlechten Nachrichten an die Eltern überbringen zu müssen“, so Bürgermeisterin Cäcilia Reichert-Dietzel.

Die Wetterauer Landtagsabgeordnete hatte dieses Verhalten der Landesregierung bereits am vergangenen Mittwoch in der Plenardebatte des Landtags kritisiert: „Der grüne Sozialminister Kai Klose hatte in der Presse große Ankündigungen gemacht: Ab Dienstag sollte es in Hessen wieder einen eingeschränkten Kita-Regelbetrieb für alle Kinder geben. Das hat sich als haltlos entpuppt. Die Eltern, Erzieherinnen und Erzieher und Träger der Einrichtungen können nicht auf das zählen, was der Sozialminister verlautbart. Von einem eingeschränkten Regelbetrieb kann hier kaum die Rede sein, es ist eher eine erweiterte Notbetreuung. Nur wenn nach den Kindern mit Anspruch auf Notbetreuung noch Plätze frei bleiben, sollen andere Kinder in Absprache zwischen Kitas und Jugendämtern zum Zuge kommen. Alle weiteren Entscheidungen schiebt Sozialminister Klose samt der Verantwortung auf die Kommunen ab.  Es sollen also die Einrichtungen in den Städten und Gemeinden die vorprogrammierten Konflikte mit den Eltern aushalten, wenn deren Kinder zum Beispiel nur stunden- beziehungsweise tageweise betreut werden. Der Sozialminister zieht sich hier aus der Affäre“, so Gnadl.

Die Sozialdemokratinnen hatten nach dem Vorbild anderer Bundesländer auch vom hessischen Sozialministerium klare Vorgaben und vor allem einen konkreten Stufenplan für die Rückkehr zur Regelbetreuung erwartet. „Viele Bundesländer haben frühzeitig einen Plan aufgestellt, wie sie eine stufenweise Öffnung der Kitas ermöglichen werden. Zum Beispiel Niedersachsen, die bis zum 8. Juni den Kita-Betrieb auf 50 Prozent hochfahren und ab dem 1. August zum Regelbetrieb zurückkehren wollen. Oder Bundesländer wie Rheinland-Pfalz und Hamburg, die gestaffelt nach Altersgruppen, angefangen mit den Vorschulschulkindern, die Kinder wiederaufnehmen. Diese Bundesländer verfolgen einen Stufenplan, an dem sich die Eltern klar orientieren können und auf den sie sich verlassen können.  Andere Bundesländer wie Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen und bald auch NRW und Baden-Württemberg öffnen die Kitas tatsächlich für alle Kinder mit strengen Hygieneauflagen, einer strikten Trennung der Gruppen und verkürzten Öffnungszeiten. Das fatale ist: Hessen geht weder den einen noch den anderen Weg“, so Gnadl.

Als Bürgermeisterin der Gemeinde Ranstadt hat Cäcilia Reichert-Dietzel in der letzten Woche intensiv daran gearbeitet, ein Konzept für die örtlichen Kitas aufzustellen. „Das war nicht einfach und erfordert viel Engagement durch die Erzieher/innen und Verständnis von den Eltern. Wir haben hier vor Ort den schwarzen Peter zugesteckt bekommen und sollen selbst sehen, wie wir das mit wenigen Tagen Vorlauf organisiert und kommuniziert bekommen“, so die Ranstädter Bürgermeisterin. Dennoch habe sie als Bürgermeisterin versucht, trotz der fehlenden landesweiten Vorgaben ein Konzept für die Kindertagesstätten in Ranstadt zu erstellen. Das sieht vor, dass die Notbetreuung weiter gewährleistet ist und alle anderen Kinder in einem wochenweisen Schichtbetrieb die Plätze vergeben bekommen. „Mir war es wichtig, dass tatsächlich alle Kinder zumindest eingeschränkt ihre Kita wieder besuchen können“, so Reichert-Dietzel. Da aber landesweite Vorgaben fehlten, werde es unterschiedliche Umsetzungen hessenweit und im Wetteraukreis geben.

Für die Abgeordnete Gnadl offenbart sich in der Kita-Frage die Planlosigkeit der Regierung aus CDU und Grünen in Hessen: „Familien haben Anspruch auf eine Landesregierung, die bereit ist, Verantwortung in dieser schwierigen Zeit zu übernehmen, die Entscheidungsstärke demonstriert, die vorangeht und Wege aufzeigt und die eine offene Kommunikation mit den Betroffenen pflegt. All das haben wir in Hessen nicht! In Hessen fehlt die klare politische Führung und verlässliche Kommunikation in diesen Krisenzeiten, besonders im Sozialministerium! Gut, dass wir vor Ort so viele engagierte Bürgermeister/innen haben, die die fehlende Politik auffangen“, so Gnadl.