Trio steuert den Prozess für den Neustart der SPD

Brief von Vositzenden Lisa Gnadl an die Mitglieder der Wetterauer SPD

Liebe Genossinnen und Genossen,

das Ergebnis der Europawahl ist für die SPD sehr enttäuschend und bitter, auch wenn es angesichts der Umfrageergebnisse der letzten Wochen leider schon absehbar war. Nur zehn Prozent der Erstwählerinnen und -wähler haben SPD gewählt. Achtzig Prozent der Wählerinnen und Wähler sieht bei der SPD keine Kompetenz für den Klimaschutz.

Das Wetterauer SPD-Ergebnis liegt zwar etwas über dem Bundesdurchschnitt, aber auch hier sind wir in vielen Städten und Gemeinden unter die Zwanzig-Prozent-Marke gefallen und sind kreisweit nur noch drittstärkte Kraft. Wir haben Einsatz im Europawahlkampf gezeigt: mit den Europa-Trucks in Butzbach, Bad Vilbel, Büdingen und Nidda, dem Europa-Frühstück in Altenstadt, der Veranstaltung zur europäischen Friedens- und Sicherheitspolitik in Rodheim, der Aktion „Lass mal reden, Europa“ der Jusos in Friedberg und mit Veranstaltungen und Infoständen der Ortsvereine. Leider ist es uns aber nicht gelungen, uns vom Bundestrend abzusetzen. Ich möchte mich nachdrücklich bei allen Mitgliedern bedanken, die in diesem schwierigen Umfeld Gesicht für unsere Partei gezeigt und für die SPD geworben haben.

Für uns als überzeugte Europäerinnen und Europäer bleibt zumindest der Trost, dass die europafeindlichen Kräfte kaum über zehn Prozent im Bundesschnitt hinausgekommen sind und auch im neuen Europaparlament die pro-europäischen, demokratischen Kräfte klar in der Mehrheit sind.

Es wird uns nur gelingen, den Abwärtstrend der vergangenen Jahre zu stoppen, wenn wir es schaffen, klare Positionen zu beziehen, diese auch glaubwürdig zu vertreten und dabei ein unterscheidbares Profil gegenüber Union, Grünen und Linkspartei entwickeln.

Ich bin mir bewusst, dass Andrea Nahles als Partei- und Fraktionsvorsitzende umstritten war. Das zeigte sich bereits bei ihrem Wahlergebnis im vergangenen Jahr. Wie auch immer man zu ihr steht, muss man doch anerkennen, dass sie sich darangemacht hat, grundlegende und langanhaltende Konflikte unserer Partei zu lösen – etwa im Bereich der Arbeitsmarktpolitik. Die Kritik der vergangenen Wochen an Andrea Nahles und vor allem die Art und Weise, wie diese vorgebracht wurde, waren teilweise überzogen und menschlich beschämend. Die anhaltenden Personaldebatten an der Bundesspitze beschädigen zudem das Ansehen unserer Partei zusätzlich. Deswegen kann ich uns allen nur raten, diese Debatten intern in den entsprechenden Gremien zu führen. Ich bin überzeugt, dass der Austausch an der Partei- und Fraktionsspitze die Probleme unserer Partei alleine nicht lösen wird. Wir sollten uns auf die inhaltlich notwendigen Debatten konzentrieren und unsere Forderungen einbringen.

Nach dem Rücktritt von Andrea Nahles als Vorsitzende der SPD soll die SPD bis zum nächsten Parteitag kommissarisch von einem Team geführt werden. Die engere Parteiführung schlug dafür die stellvertretenden Parteivorsitzenden Malu Dreyer, Manuela Schwesig und Thorsten Schäfer-Gümbel vor. Ihr Job vor allem: Die Wahl der oder des neuen Parteivorsitzenden zu organisieren. Sie haben jetzt unser aller Unterstützung verdient.

Als Wetterauer SPD werden wir uns auch auf die Vorbereitung der Kommunalwahl im Frühjahr 2021 konzentrieren müssen. Denn die Direktwahlen vor Ort, etwa das Ergebnis der ersten Runde der Bürgermeisterwahl in Wiesbaden, zeigen, dass die Bürgerinnen und Bürger sehr wohl zwischen einer bundespolitisch geprägten und einer kommunalen Wahl unterscheiden.

Mit solidarischen Grüßen

Lisa Gnadl