Das Betreuungsgeld ist eine bildungs- und gleichstellungspolitische Katastrophe. Auch wir unterstützen den Aufruf gegen das Betreuungsgeld, dem sich ein breites Bündnis über Parteigrenzen hinweg angeschlossen haben, und folgen der Rechtsauffassung, die Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz vertritt. Wenn viele Abgeordnete der schwarz-gelben Koalition ihr Gewissen im Gesetzgebungsverfahren nicht entdecken, dann hilft nur noch eine Verfassungsklage, erklärt die Wetterauer Juso-Vorsitzende Elisa Scaramuzza angesichts des kürzlich getroffenen Bundeskabinettsbeschluss zum Betreuungsgeld. Der Kabinettsbeschluss vom Mittwoch sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2013 zunächst 100 Euro monatlich für Kinder im zweiten Lebensjahr gezahlt werden, die sich nicht in staatlicher Betreuung befinden. Ab dem 1. Januar 2014 sollen monatlich 150 Euro für Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr gezahlt werden. Nach dem Willen der Bundesregierung soll der Bundestag das Gesetz noch vor der Sommerpause verabschieden. Hamburgs Erster Bürgermeister und SPD-Vizechef Olaf Scholz stellt jedoch die Zuständigkeit des Bundes für das Betreuungsgeld in Frage. Eventuell habe der Bund gar keine Gesetzgebungskompetenz für das Betreuungsgeld; diese existiere nämlich nur, wenn es Bedarf für eine bundeseinheitliche Regelung gebe.
Das Betreuungsgeld ist eine bildungspolitische Fernhalteprämie, nichts anderes. CDU, CSU und FDP planen damit, Kindern bewusst die Chance auf frühkindliche Bildung zu nehmen, indem sie die Eltern mit Geld locken. Angesichts unserer sowieso undurchlässigen und chronisch unterfinanzierten Bildungs- und Betreuungssysteme wirkt die Situation noch viel makaberer, kritisiert der stellvertretende Juso-Vorsitzende Jan Veltum die Pläne scharf. Besonders Kinder, denen eine Frühförderung in einer Kinderkrippe bzw. KiTa nutzen würde, würden so eventuell vom Besuch ferngehalten werden, so die Jusos.
Überlegungen, Hartz-IV-EmpfängerInnen aus den Bedarfsansprüchen herauszurechnen, damit sie ihre Kinder aus finanzieller Notlage heraus nicht vom Krippenbesuch auszuschließen, verurteilen die Jusos in höchstem Maße als unsozial und widersprächen ihrer Vorstellungs eines gerechtes Sozialstaats: Hartz-IV-EmpfängerInnen haben bereits jetzt Probleme beim Finanzieren ihrer Familie, beispielsweise dadurch, dass das Kindergeld in den Hartz-IV-Satz einberechnet ist und Kinder und Jugendliche nur einen prozentualen Pauschalsatz zugestanden bekommen. Es würde der Bundesregierung gut zu Gesicht stehen, dies zu ändern und zusätzlich in den Ausbau öffentlicher Kinderbetreuung zu investieren. Dies hilft nämlich allen Bürgerinnen und Bürgern.
Gleichzeitig fördere das Betreuungsgeld auch ein rückschrittiges Rollen- und Familienbild, indem es junge Mütter vom Arbeitsmarkt fernhält und sie an ein nicht mehr zeitgemäßes Alleinverdienermodell kettet, erläuterte Scaramuzza. Nur 2% der deutschen Frauen würden das Alleinverdienermodell wirklich leben wollen, 50% jedoch sind Vollzeit-Mutter und -Hausfrau, während ihr Mann in Vollzeit berufstätig ist. Das erschwert für Frauen nicht nur den Wiedereinstieg in den Beruf, sondern macht sie auch finanziell abhängig vom Partner. Dies führt in letzter Konsequenz häufig sogar zu Altersarmut bei Frauen, mahnten die Jusos.
Wir streiten dafür, dass Eltern ein gutes und verlässliches Betreuungsangebot für Kinder haben, damit alle Kinder in ihrer Entwicklung gefördert werden und Eltern Familie und Beruf so organisieren können, wie sie es für richtig halten. Das gibt es jedoch nicht umsonst sondern dafür werden die Milliarden gebraucht, die für das Betreuungsgeld vorgesehen sind. Auch die Wetterauer Kommunen haben große finanzielle Probleme, die U3-Betreuung umzusetzen und bräuchten endlich eine größere Unterstützung durch Bund und Land, so Scaramuzza und Veltum abschließend.